Mit der Wahl der Garmethoden entscheiden wir darüber, welches Schicksal dem Gargut widerfährt, wenn es die Küche verlässt. Denn die chemischen und physikalischen Phänomene, die dem Gargut widerfahren, während es die Küche passiert, haben massiv Einfluss auf das Ergebnis. Was genau passiert, hängt nicht nur von der Wahl der Garmethode ab, sondern auch davon, ob man sie richtig anwendet.
Und hier liegt oft der Hase im Pfeffer. Oft werden in Rezepten Schritte beschrieben, von denen man sich allzu leichtfertig denkt: „Ach, das lass ich weg.“ Und oft sind das die entscheidenden Kniffe, die das Schicksal des Gargutes in die gewünschte Richtung lenken.
Wenn man versteht, was passiert und was man tut, ist man klar im Vorteil. Denn man muss es nur richtig machen, schon klappt’s – pflegte der Gatte meiner lieben Kollegin immer zu sagen. Und da hat er absolut recht.
Alle 15 Garmethoden
Es gibt feuchte und trockene Garmethoden.
Garmethoden mit feuchter Wärme
Beim Garen mit feuchter Wärme wird die Energie durch das Wasser auf das Gargut übertragen. Garverfahren mit feuchter Wärme haben gemein, dass sie sich bei einer Temperatur rund um 100 °C abspielen, denn das ist der Siedepunkt des Wassers. Erhitzt man es weiter verdampft es und ist weg.
Kochen – die gängigste Garmethode
Kochen bedeutet, das Gargut in reichlich kochendem Wasser kochen, bis es gar ist. Ganz so banal ist das aber nicht, denn es kommt darauf an, was man zubereiten möchte. Spielt das Gargut die Hauptrolle des Gerichtes, etwa das Fleisch für Tafelspitz, dann gibt man es in das kochende Wasser. Soll das Gargut möglichst viel Geschmack und Inhaltsstoffe an die Kochflüssigkeit abgeben, zum Beispiel für eine kräftige Fleischsuppe, dann setzt man alles kalt an und bringt es gemeinsam mit dem Wasser zum Kochen.
Eine Suppe sollte man auch nicht in Salzwasser ansetzen, denn nach den Gesetzen der Chemie hindert es einen Teil der Inhaltsstoffe daran, das Gargut zu verlassen und in die Flüssigkeit überzutreten. Denn alles ist bestrebt, sich möglichst gleichmäßig im Raum zu verteilen, auch die Moleküle im Gargut. So kommt der Geschmack in die Suppe, während er im gesalzenen Wasser für den Tafelspitz im Fleisch bleibt. Außerdem kann es so nicht passieren, dass die Suppe nach einer längeren Garzeit versalzen ist, weil zu viel Flüssigkeit verdampft ist.
Beim Kochen ist es wichtig, reichlich Wasser zu verwenden, denn wenn man zu viel kaltes Gargut in heißes Wasser gibt, kann es zu einem starken Temperaturabfall kommen, was sich nachteilig auf das Ergebnis auswirken kann. Diese Garmethode eignet sich für alle Speisen, auch homogene Gemische wie Soßen.
Blanchieren
Blanchieren ist eine Sonderform des Kochens. Man gibt das Gargut nur für kurze Zeit in kochendes Wasser und schreckt es anschließend in Eiswasser ab. Diese Garmethode eignet sich für Gemüse, das noch bissfest bleiben oder weiter verarbeitet werden soll. Mit dieser Garmethode soll vor allem die frische grüne Farbe erhalten bleiben. Zartes Gemüse braucht nur etwa eine Minute, „härtere Brocken“ bis zu fünf Minuten. Durch das Abschrecken wird der Garvorgang unterbrochen und das Gemüse bleibt schön grün. Grau wird es übrigens, wenn sich das Magnesium aus dem Chlorophyll verabschiedet, was passiert, wenn es zu lange gart.
Garziehen oder Pochieren
Beim diesen Garmethoden verweilen die Speisen bei 75 – 90 °C in Wasser. Geeignet für empfindliches Gargut, wie Fisch oder Klöße. Gegart wird bei offenem Deckel, um zu vermeiden, dass Stauhitze das Wasser zum Kochen bringt.
Ein Klassiker sind pochierte Eier. Dazu wird dem Wasser pro Liter 1 EL Essig zugesetzt und die aufgeschlagenen Eier in die heiße Flüssigkeit gegeben. Nach vier Minuten sind sie gar mit einem weichen Dotter. Die Methode eignet sich für frische Eier, denn bei älteren Exemplaren kann das Eiklar zerlaufen. Man kann den Eiern im Wasser aber vorsichtig mit einem Kochlöffel noch ein bisschen Form geben.
Auch eihaltige Cremes kann man pochieren, in einem Förmchen im Wasserbad garziehen lassen ohne dass die Masse aufgeht. Mit etwas Geschick gelingen sie aber auch in der Mikrowelle.
Quellen
Zum Quellen gibt man das Gargut bei 70 – 95 °C in heißes und genau abgemessenes Wasser und lässt es zugedeckt und ohne weiter Hitzezufuhr ausquellen. Oft wird das Gargut vorher doch kurz aufgekocht. Diese Garmethoden eignen sich für Getreide. Man verwendet Gargut und Wasser meist im Verhältnis 1:2, also ein Teil Gargut und die doppelte Menge Wasser, unter der Annahme, dass beides die gleiche Dichte besitzt. Man kann also Gramm und Milliliter gleichsetzen.
Dämpfen – die schonendste der Garmethoden
Das Gargut befindet sich beim Dämpfen in einem Siebeinsatz, der sich über einer kochenden und dampfenden Wassermenge befindet. Etwa ein Fingerbreit Wasser genügt. Natürlich entweicht auch Dampf trotz des geschlossenen Deckels. Diese Verluste müssen bei längeren Garzeiten ausgeglichen werden. Die Hitzezufuhr muss während der gesamten Garzeit hoch sein, das Wasser muss ständig stark dampfen, sonst wird das nix. Eignet sich für Gemüse, Fisch oder Teigtaschen.
Dünsten
Das Gargut wird in einer Pfanne mit Deckel in wenig Fett angebraten, dann mit wenig Flüssigkeit angegoßen und zugedeckt gegart, ohne umzurühren. Gelegentlich etwas schütteln, um ein Anhängen am Pfannenboden zu vermeiden und am Deckel kondensierte Wassertropfen zurück in das Gargut zu befördern. Eine der besten GArmethoden für zartes Fleisch, Geflügel, Fisch und Gemüse.
Mikrowellengaren – die Unterschätzte der Garmethoden
Garen in der Mikrowelle eignet sich für alle wasserhaltigen Lebensmittel wie Gemüse (oder Obst) und Fleisch. Wegen ihres eigenen hohen Wassergehalts kann man das Gargut trocken in mikrowellengeeignetes Geschirr geben und garen. Leider klappt es nicht, trockene Lebensmittel wie Nudeln oder Reis mit Wasser zu versetzen und in der Mikrowelle zu garen. Das Ergebnis ist äußerst mau und der Aufwand viel größer als in einem Topf voll Wasser. Es liegt in der NAtur der MIkrowelle, dass sie immer etwas ungleich garen. Deswegen sollte Gargut mit längerer Garzeit am Rand des Gefäßes liegen, damit es mehr von der Strahlung abbekommt.
Dampfdruckgaren
Das Gargut wird in einem fest verschlossenen, druckbeständigen Topf in wenig Flüssigkeit gekocht. Da der Dampf nicht entweichen kann steigt der Druck im Gefäß. Mit dem Druck steigt auch die Siedetemperatur des Wassers auf 105 – 120 °C. Das reduziert die Garzeit. Diese Garmethode im Dampfdrucktopf eignet sich für bindegewebsreiches Fleisch, Wurzeln oder Hülsenfrüchte, die ansonsten lange Garzeiten benötigen.
Sous Vide Garen – die Trendige der Garmethoden
Bei dieser auch als Vakuumgaren bekannten Garmethode wird das Gargut zusammen mit Gewürzen im Vakuum eingeschweißt und anschließend im Wasserbad bei Temperaturen unter dem Siedepunkt gehalten. Die Wassertemperatur wird dabei der Kerntemperatur des Gargutes angepasst. Braucht viel Zeit, kann aber nicht übergaren und liefert echte kulinarische Highlights. Leider produzieren diese Garmethoden Berge von Plastikmüll.
Garmethoden mit trockener Wärme
Trockene Garmethoden sind dadurch gekennzeichnet, dass die Energie nicht durch Wasser, sondern Fett oder Luft übertragen wird. Dadurch können viel höhere Temperaturen erreicht werden.
Kurzbraten
Beim Kurzbraten gibt man wenig Fett in eine heiße Pfanne, erhitzt das Fett und gibt das Gargut in das heiße Fett. Überflüssige Feuchtigkeit sollte vorher entfernt werden, denn das Wasser wird in der Pfanne spritzend verdampfen. Das Gargut erst wenden, wenn es sich freiwillig vom Pfannenboden löst. Das gilt vor allem für Fleisch und Kartoffeln. Bratkartoffeln bekommen eine herrlich knusprige Kruste und nehmen nicht so viel Fett auf, wenn man sie nicht so oft wendet und umrührt.
Langzeitbraten
Diese Garmethode eignet sich für große Stücke Fleisch, ganze Fische oder Geflügel. Gebraten wird in einer leicht eingefetteten ofenfesten Form bei etwa 150 °C, bis die gewünschte Kerntemperatur erreicht ist. Optimal ist es, wenn man ein Bratthermometer benutzt. Das Fleisch kann vorher angebraten werden, eine knusprige Kruste bildet sich aber auch im Ofen ab 140 °C.
Niedertemperaturgaren
Niedrigtemperaturgaren ist eine Sonderform des Langzeitbratens. Das Gargut wird bei einer Temperatur von etwa 80 °C gebraten. Dadurch verhindert man, dass das enthaltene Wasser verdampft. Das Bindegewebe allerdings wird bei dieser Temperatur bereits abgebaut. Die Garzeiten verlängern sich enorm. Das Ergebnis rechtfertigt den Aufwand allerdings.
Frittieren
Beim Frittieren gart das Gargut schwimmend in heißem Fett. Die Gartemperatur liegt bei 140 – 180 °C. Das Gargut wird in einem Drahtkorb so lange in das heiße Öl getaucht, bis es eine goldgelbe Farbe angenommen hat. Diese Garmethode eignet sich für Fleisch, (gefüllte) Teigwaren oder Kartoffeln. Das Frittierfett muss nach der Benutzung gefiltert und regelmäßig ausgetauscht werden, denn beim Frittieren bilden sich gesundheitsschädliche Stoffe.
Backen
Das Gargut wird in einer gefetteten Form oder auf einem Rost im Ofen bei 160 – 250 °C gebacken. Große Gebäckstücke sollten möglichst tief im Garraum backen . Viele Teige vertragen keine Zugluft, deswegen darf der Ofen erst nach Ende der Garzeit geöffnet werden. Eine Stäbchenprobe zeigt, ob der Teig durch ist. Bleiben Teigfäden am Holz hängen, ist er noch nicht fertig und muss noch weiter backen. Im Grunde ist Backen die vegetarische Version vom Langzeitbraten.
Grillen – die urtümlichste Garmethode
Grillen ist das Garen über einer Hitzequelle. Das kann eine Kohleglut, mit Gas beheizte Lavasteine oder elektrische Heizspiralen sein. Für das Aroma des Grillgutes ist das egal, denn es entsteht allein durch die Hitze. Auch beim Grillen entstehen gesundheitsschädliche Stoffe. Deswegen wird das Grillgut gerne in einer wiederverwendbaren Grillschale und nicht direkt auf dem Rost zubereitet. Grillen eignet sich natürlich für Fleisch und Fisch, aber auch Obst und Gemüse.
Schmoren ist eine gemischte Garmethode
Schmoren ist eine Mischform vom Garen in trockener und feuchter Wärme. Das Gargut wird zunächst portionsweise angebraten. Der Boden des Schmortopfes darf nur knapp bedeckt sein, damit das Gargut wirklich brät und die austretende Feuchtigkeit sofort verdampft. Nach dem Anbraten kommen weitere Zutaten wie Gewürze dazu. Das Gargut wird mit wenig heißer Flüssigkeit angegeossen und anschließend gedünstet, bis es gar ist. Schmoren kann man auch im Dampfdrucktopf. Das spart viel Zeit und Energie.
Mit den richtigen Garmethoden kulinarische Highlights zaubern.
Wir entscheiden über das Schicksal des Gargutes, wenn wir es in kaltes oder warmes, gesalzenes oder ungesalzenes Wasser geben. Oder das Wasser weglassen und die Schicksalsträger stattdessen in einen heißen Ofen oder eine noch nicht heiße Pfanne geben.
Manche Gerichte sind echte Angstgegner in der täglichen Küchenschlacht – sofern man sich überhaupt noch ranwagt und nicht auf die Fertigprodukte aus dem Supermarkt zurückgreift. Die sind oft nur Imitate dessen, was sie darstellen sollen. Schade ums Geld und auch nicht wirklich gut für die Gesundheit.
Wäre es nicht toll, ein saftiges, zartes Steak auf den Tisch zu bringen – und dabei auch noch den Garpunkt getroffen zu haben? Oder mal eben eine Mayonnaise aufzuschlagen – und keine Ölsuppe? Eine knusprige Pizza oder Spargel mit echter Hollandaise? Oder ein echt fluffiges Soufflé?
Küchenphysik und Küchenchemie
Viele Spitzenköche sind aus dem Physiklabor in die Küche gekommen. Erstaunlich? Eigentlich nicht, denn Kochen ist nichts anderes als eine Naturwissenschaft. In Topf, Pfanne und Ofen finden physikalische und chemische Reaktionen statt, die das Kochen eigentlich ausmachen und mit der Wahl der Garmethode hat man einen erheblichen Einfluss auf den Ausgang der Bemühungen.
Diese Seiten sollen Appetit machen, in der Küche etwas Neues auszuprobieren. Oder Herkömmliches in einem neuen Licht zu betrachten.